HEDERSLEBEN
LUTHERSTADT EISLEBEN
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Abschrift der Kirchturmkugel
Hedersleben, den 27. August 1893
(13. Sonntag nach Trinitatis)
Im Namen Gottes
Im Jahre 1885 wurde die hiesige Kirche, genannt St. Judae, im Innern ausgebaut und verschönert.
Der Fußboden wurde mit Fliesen ausgelegt, die Kirchstühle und Emporen in Stand gesetzt, der Himmel erneuert, und der ganze Innenraum der Kirche erhielt einen neuen Anstrich, und zwar Kanzel, Altar, Emporen und Kirchstühle aus Ölfarbe.
Die Kosten, welche sich auf ca. 4000 M. beliefen, wurden aus der Kirchkasse genommen.
Daneben aber wurden von Gemeindegliedern freiwillige Liebesgaben gespendet, welche zur Ausschmückung des würdig und schön ausgestatteten Gotteshauses verwendet wurden.
Frau Amtsvorsteher Florstedt, von welcher schon früher ein Taufstein aus Sandstein mit künstlich gearbeitetem Broncebecken gestiftet war, besorgte die Färbung und Wiederherstellung einer Altarbekleidung aus Plüsch;
Frau Gutsbesitzer Bachmann schenkte ein Paar Altarleuchter;
die jungen Mädchen des Ortes,
die Töchter des Amtsvorstehers Florstedt,
die drei Fräulein Köster,
zwei Fräulein Barth, und
zwei Fräulein Redslob
stifteten die Portieren zu Seiten des Altars, und aus einer Sammlung, zu welcher fast alle Gemeindeglieder, auch die Wenigbemittelten beisteuerten, wurde ein großer schöner Altarteppich beschafft.
In diesem Jahr 1893 nun wurde es unternommen, den geborstenen Thurm von Grund auf neu zu bauen.
Am 1. Mai wurde der Grundstein gelegt und an einem der jetzt folgenden Tage – extra den 29. August – soll der Knauf aufgesetzt werden, in welchen diese Urkunde zum Gedächtnis für spätere Zeiten niedergelegt wird.
Als der Neubau des Thurmes geschah, bei dessen Abbruch leider keine Urkunde irgend welcher Art vorgefunden wurde, regierte als deutscher Kaiser und König von Preußen Wilhelm II seit fünf Jahren.
Als Behörden im weltlichen Regiment standen ihm zur Seite im Reich der Reichskanzler Graf von Caprivi, während der Altreichskanzler Fürst Bismarck, welcher mit dem ruhmreichen Kaiser Wilhelm I das deutsche Reich neu geschaffen, als Privatmann in Friedrichsruh grollte;
als Minister der geistlichen Angelegenheiten in Preußen Dr. Bosse,
Oberpräsident unserer Provinz Sachsen war von Pommer Esche, Präsident der Regierung in Merseburg von Diest,
Landrat des Mansfelder Seekreises von Wedell in Eisleben, Vorsteher des Amtsbezirkes Hedersleben, Dederstedt und Oberrißdorf Gutsbesitzer C. Florstedt hierselbst, Schulze in Hedersleben Gutsbesitzer Bachmann.
Im Kirchenregiment war Dr. Barkhausen Präsident des Oberkirchenrates und Trusen Präsident des Consistoriums in Magdeburg. Das Amt des Superintendenten verwaltet zur Zeit Superintendent Rothe in Eisleben, dasjenige der hiesigen Pfarre Pastor Gerlach in Dederstedt, bei welchem Orte Hedersleben als Coror eingepfarrt ist.
Die Mitglieder des hiesigen Gemeindekirchenrates waren C. Florstedt, Bachmann und Diesner, diejenigen der kirchlichen Gemeindevertretung Döring, Kühne, Dockhorn, Haake, Albert Rückriem, Schnelle, Luther, Brünner, König, Böhme, Griese.
Der Küster, Cantor und erste Lehrer Julius Redlob, welcher auch der kirchlichen Gemeindevertretung angehörte, starb während des Thurmbaues und ist noch nicht wieder ersetzt.
Das Patronat, welches trotz ergangener Aufforderung zum jetzigen Bau freiwillig nichts beigetragen hat, wird an Stelle der unbewillen Emilie von Waldenburg von dem Justizrat Engels in Potsdam ausgeübt. Das Amt des Kirchenkassenrendanten verwaltet Tischlermeister Döring hierselbst, welcher auch mit großer Umsicht und unermüdlichem Eifer um den jetzigen Thurmbau, sowie 1885 um den Ausbau der Kirche sich verdient gemacht hat.
Eine besondere Urkunde, in welcher auch die Namen der bei dem Bau Beschäftigten aufgeführt sind, ist von dem Kirchenkassenrendanten Döring verfaßt und über dem Portal des Thurms eingemauert.
Gott wolle walten, dass dieser Bau gereiche zu Seiner Ehre, zum Frieden der Seele und zur Erbauung Seiner Christengemeinde durch Jesum Christum, unseren Herrn.
A m e n
Gerlach, Pastor von Dederstedt und Hedersleben
Unterschriften:
Max Bachmann, D. Florstedt, Fr. Diesner, G. Döring, F. Dockhorn, Luther, Brünner, A. Rückriem, K. Schnelle, H. Griese, A. Böhme
Zusatzblatt
Den Kirchturmknopf hat der Klempnermeister Franz Florstedt aus Eisleben gemacht und am 29. August 1893 aufgesetzt.
Die Schieferdeckerarbeiten ausgeführt von Karl Siebenhühner, August Rost Schieferd.
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